Mittwoch, 23. September 2009

Leserbrief zum Kommunalwahlrecht

Vor Wochen habe ich einen Text an die BZ geschickt, mit der Bitte, diesen als Leserbrief zu veröffentlichen.
Hat man mir verweigert, weil ich Mandatsträger sei und man grundsätzlich keine Leserbriefe von Mandatsträger veröffentlichen würde.

Es handelte sich um folgenden Text

Zum BZ-Artikel
„Gemeinderäte spiegeln nicht den Wählerwillen“ vom 10.07.09 (Ausgabe Freiburg/Kaiserstuhl)

Wozu eigentlich Parteien?

Ob d’Hondt stärkere Listen bevorzugt oder irgendein anderes Wahlsystem insgesamt gerechter wäre, darüber bräuchte man sich meines Erachtens überhaupt keine Gedanken mehr machen, würde man sich zumindest auf kommunaler Ebene entschließen, gänzlich auf Parteipolitik und Parteienwahlkampf zu verzichten.
Würde im Kommunalwahlrecht die Bedingung entfallen, dass eine Liste nicht mehr Kandidaten enthalten darf, als es Ratssitze gibt und einigte man sich in einer Gemeinde vor Kommunalwahlen dann auf nur eine Liste, kämen die Kandidaten mit den meisten Stimmen in den Gemeinderat. Nicht mehr und nicht weniger.
Keine Nachrechnerei mehr, niemand fühlte sich ungerecht behandelt, im Gremium säßen 100 % Wählerwille.

Niemand müsste sich mehr Gedanken machen, wieso zum Beispiel bei 17 Plätzen im Gemeinderat, der nach der Stimmenauszählung an 13. Stelle platzierte es nicht in den Rat schafft, für den Kandidaten einer anderen Liste Platz 33 aber reicht.

Niemand müsste mehr unendlich viel Energie in Personaldebatten stecken, wie es leider viel zu oft getan wird. Und das nur, um mit allen Mitteln durchzusetzen, dass auf jeden Fall „meine Partei“ nicht unterrepräsentiert ist, zum Beispiel bei Ortsvorstehern innerhalb einer Gemeinde. Energien, die bei der Diskussion um sachpolitische Dinge sehr viel besser aufgehoben wären.

Niemand müsste mehr lange Gespräche führen, welche Partei/Liste nun wie viele Sitze in den diversen Ausschüssen erhält. Ausschüsse könnten ausschließlich nach Sachverstand und Neigung der Räte besetzt werden. Auf den Sitz- oder Stimmenanteil von Parteien oder Listen bräuchte keine Rücksicht genommen zu werden.

Ob es wohl Zufall ist, dass es im Landkreis Emmendingen lt. BZ die höchste Wahlbeteiligung in Weisweil gab? Weisweil ist da, wo die SPD zuletzt 1999, die CDU und die FDP gar schon 1994 zum letzten Mal bei Kommunalwahlen antraten. Seit 2004 gibt es nur noch zwei unabhängige Listen ("offene Liste", "Mir z'Wiswil"). Wenn ich mir diese Fakten vor Augen halte, komme ich zum dem Schluss, dass das Interesse am kommunalen politischen Geschehen in Weisweil womöglich grade deshalb größer ist, weil es keine Parteien gibt?

Aber ginge so was überhaupt? Wahlen ohne Parteien, mit nur einer Liste auf dem Stimmzettel? Für so manchen sicher komplett undenkbar. Aber wieso denn nicht?
Zumindest in kleineren Kommunen – und dazu zähle ich die in diesem Artikel angesprochenen Gemeinden Bötzingen, Umkirch, March oder Eichstetten – sind Kommunalwahlen immer noch mehr Persönlichkeits- als Parteiwahlen. Der interessierte Wähler kann sich relativ einfach persönlich ein Bild von den Kandidaten machen. Da spielt die Partei doch sowieso eine untergeordnete Rolle. Wieso also nicht gleich ganz auf Parteilisten verzichten?

Martin Schweizer, March



Manfred Frietsch (Lokalredaktion BZ) rief mich darufhin an, erläuterte mir, dass man meinen Text nicht veröffentlichen könne, bat mich aber im selben Atemzug, einige meiner Gedanken in seinem Artikel aufschreiben zu dürfen.

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